Zehntes Treffen der Dysmelie-Selbsthilfegruppe in Asch
Landsberger Tagblatt vom 23.03.2007
Von Andreas Hoehne
(Asch) ,,Als starke Gemeinschaft“ präsentierte sich die Selbsthilfegruppe „Hand in Hand“ bei ihrem Treffen im Ascher „Haus der Begegnung“. Auch etwas Stolz war spürbar bei der Begrüssung der etwa 60 Teilnehmer aus ganz Südbayern durch die beiden Organisatorinnen Isabella Nölte aus Landsberg und Alexandra Sommer aus Leeder. Denn immerhin konnte man mit „Treffen Nummer 10“ ein kleines Jubiläum feiern.
In der Gruppe organisiert haben sich Menschen, die selbst oder deren Angehörige von Dysmelie betroffen sind. Sie kamen aus noch ungeklärten Ursachen mit verkümmerten Gliedmaßen auf die Welt, zumeist fehlt ihnen ein Teil des Armes. Wie wichtig für sie dieser lockere Zusammenschluss mit jährlich einem Treffen ist, kann man in der einführenden Gesprächsrunde sehr deutlich nachvollziehen. Aufhänger bildete dieses Mal das Thema „Und dann habe ich es erfahren“. Erst noch zögerlich, dann aber immer offener und sehr emotional berichten alle Anwesenden von dem Moment, als sie von der Behinderung ihres Angehörigen erfahren haben und den sie durchgehend als „Riesenschock“ empfanden. In einigen Fällen war dies bereits vor der Geburt, zumeist aber erst in dem Augenblick, in dem der Arzt oder die Hebamme den Säugling der Mutter und dem Vater in die Arme gelegt haben. Selbst 40 Jahre nach diesem Ereignis bricht bei der Schilderung eine Mutter in Tränen aus. Auch in den Wochen danach habe sie nur geweint. „Damals gab es keine Selbsthilfegruppe“ , fügt sie hinzu, „und wir waren einfach ganz allein.“ Ein Kind ist viel mehr als nur ein Arm“ habe sie ihre eigene Mutter nach der Geburt der behinderten Tochter getröstet, berichtet eine weitere Anwesende.
Mit Handicap zurecht kommen
Dass diese Aussage zutrifft, zeigen die Erfahrungen der Eltern der schon größeren Dysmelie-Kinder. Denn sie selbst kommen mit ihrem Handicap fast immer bestens zurecht und dem 37-jährigen Roland aus Landsberg wird seine Behinderung „erst eigentlich wieder so richtig bewusst, wenn ich auf dem Treffen der Selbsthilfegruppe bin“. „Ihr Kind lernt schneller Schuhe binden als die anderen im Kindergarten“, verspricht ein Vater den Eltern eines kleinen Mädchens ohne Hand und beschreibt damit die eindrucksvolle Anpassungsfähigkeit der ansonsten völlig „normalen“ und vielfach hochintelligenten Kinder. Es ist deshalb vor allem nur eine „gespiegelte Behinderung“, bringt es ein Anwesender auf den Punkt. Sie wird für die Kleineren oft nur aus den Reaktionen anderer erkennbar. Von den „Gaffern“ und dem Unvermögen der Außenstehenden, offen über diese Behinderung zu sprechen, ist in dieser Gesprächsrunde viel die Rede, obwohl auch Verständnis geäußert wird für die Schwierigkeit bei Nichtbetroffenen, „die passenden Worte zu finden“. Am Ende haben sich alle Teilnehmer mit einem zugeworfenen Wollfaden vernetzt“, symbolischer Ausdruck des engen Zusammenhalts dieser Selbsthilfegruppe. Eine wichtige Aufgabe beschreibt Alexandra Sommer zum Abschluss. „Auch wenn es immer wieder das Gleiche ist, meint sie, tut es einfach gut, sich darüber auszutauschen“. Aus Spenden finanziert Daneben möchte diese sympathische Gemeinschaft, die sich aus Spenden finanziert, durch ihre Öffentlichkeitsarbeit und Informationsbriefe an Kliniken und Ärzte sicherstellen, dass es betroffenen Eltern nicht mehr so geht wie in dem geschilderten Fall vor 40 Jahren und sie „ganz alleine stehen“. Ganz offensichtlich mit Erfolg, denn seit dem letzten Treffen vor einem Jahr sind wieder zwei Familien neu dazu gekommen. Weitere Informationen und Kontaktanschriften sind im Internet erhältlich.
Mit Handicap zurechtkommen Dysmelie ist eine angeborene Fehlbildung eines oder mehrerer Gliedmaßen, also der Arme oder Beine. Sie kann bereits im Mutterleib mittels Feinultraschall erkannt werden. Dysmelie wird in den meisten Fällen nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht weitervererbt. Die ursächlichen Einflüsse können zum Beispiel Infektionen oder Sauerstoffmangel des Embryos sein. Andererseits können auch Nebenwirkungen von Medikamenten und Hormonpräparaten Ursachen für eine Dysmelie sein. Auch Gendefekte können Fehlbildungen der Gliedmaßen verursachen. Quelle: Wikipedia